ER
NANNTE SIE APOSTEL
“Geht
hinaus in die ganze Welt,
und
verkündet das Evangelium
allen
Geschöpfen.”
(Mk
16,15)
WIR, DIE ZWÖLF,
an die Schreibfeder, die unsere Gedanken niederschreibt:
Wir
entschuldigen Deine Verwegenheit und Deine Inkompetenz, da Du nur unpassend und
bruchstückhaft das Sehnen unserer Herzen wiedergibst.
Wir sind Dir allerdings dankbar für die Tatsache,
daß Du unsere Namen verwendet hast, um JESUS die Ehre zu geben und IHN ins
Zentrum der Aufmerksamkeit zu rücken. Für IHN haben wir das Leben gegeben, für
IHN opfern wir auch gerne diese weitere Herabsetzung unserer Heiligkeit.
(Die
Feder, die diese Seiten geschrieben hat, ist nur eine, aber das Erzählte ist die Erfahrung vieler.)
(Joh
21,18)
Ich war nunmehr überzeugt von meiner Würde und von
meiner Aufgabe.
Der Meister hatte mir die Schlüssel des
Himmelreichs gegeben, und allmählich hatten sich alle mit der Situation
abgefunden: Ich, der Erste, der Führer.
Ich könnte ein begehrtes und gefürchtetes Wort
gebrauchen: Autorität.
Ich, die Autorität.
Aber an jenem Tage hatte Jesus mir einen Satz gesagt,
der mich zum Nachdenken brachte, mir den Sinn des Lebens zeigte und meine
Aufmerksamkeit in eine bestimmte Richtung lenkte: „... ein anderer wird dich gürten
und dich führen, wohin du nicht willst.“
Damals habe ich verstanden, daß ich mich an den
Gehorsam gewöhnen muß.
Und so habe
ich es versucht. Als echter Führer habe ich die Aufgabe, den anderen ein
Beispiel für ihre Berufung zu geben. Die Jünger meines Meisters sind zum
Gehorsam berufen. Haben sie kein gehorsames Herz, dann gleichen sie nicht Jesus.
Haben wir kein gehorsames Herz, sind wir nicht Söhne,
so wie Jesus Sohn ist - Gottes und des Menschen. Das gehorsame Herz ist Jesus ähnlich,
dem Herrn und Meister. Er war immer auf die Wünsche des Vaters ausgerichtet. Er
tat nie etwas aus dem Geist der Unabhängigkeit und Selbständigkeit heraus. Er
tat immer alles in Einheit mit dem Vater. Bevor er irgend etwas unternahm,
wartete er auf Seine Zeichen.
Ja, ich bin der “Führer“ der Jünger Jesu, aber
ich bin zugleich auch Jünger. Der Gehorsam muß in meinem Herzen wohnen.
Nur Gott ist des Gehorsams würdig! Dessen bin ich
gewiß und ich will es dir auch sagen. Aber Gott kann durch Menschen zu mir
reden. Er kann mich direkt inspirieren, wenn Er will, aber ich habe begriffen,
daß Er es im allgemeinen vorzieht, mir Seinen Willen durch konkrete Dinge,
durch bestimmte Vorfälle und durch Brüder zu offenbaren.
Deshalb muß ich auf die Brüder hören. Hätte ich
nicht auf sie geachtet und hätte ich nicht auf ihre Unterscheidungsgabe gehört,
hätte ich mich schon viele Male geirrt. Ich habe gelernt, auf die
Unterscheidungsgabe jener Brüder zu achten, die Jesus mit reinem Herzen und
frei von den Bindungen der öffentlichen Meinung lieben. Johannes machte mich am
Ostermorgen zum Grab laufen. Es war für mich der entscheidenste Tag.
Und wieder war es Johannes, der mir die Augen geöffnet
hat, um den Herrn zu erkennen, dort am Strand. Johannes liebte Jesus wie ein
Kind. Ich achtete auf seine Unterscheidungsgabe. Ich war gehorsam.
Was zählt,
ist nicht, daß ich eine Autorität bin. Die Autorität sehen immer die anderen
in mir, und zwar jene, welche im Glauben von mir die Zeichen des Willens des
Vaters bekommen.
Aber wenn ich
nicht gehorsam bin, bin ich keine Autorität, bin ich nicht glaubwürdig. Wenn
ich nicht gehorsam bin, bin ich kein Jünger Jesu, bin ich kein Sohn des Vaters.
Und dann wäre es besser, wenn mir niemand mehr gehorchen würde.
Der
Gehorsam - ich bin langsam darauf gekommen, und es hat mich viel gekostet - ist
eine Haltung des Herzens, mehr als ein Ausführen von Anordnungen. Wenn ich im
Gehorsam nur darauf warte, was angeordnet wird, so bedeutet dies, daß ich
unterwürfig bin und nicht gehorsam.
Ich will nicht
Menschen gehorchen, niemals, sondern nur Gott. Ich achte und schaue auf die
Menschen, weil Gott mir durch sie
Seinen Willen kundtun kann.
Ich sah manche meiner Brüder sich beklagen, weil
ich – nicht gerade weise und vorsorgliche - Aufträge gegeben habe. Kann sein:
Ich habe nicht die Weisheit Salomos; der Herr wußte das, als er mir den Auftrag
gab.
Doch diese Brüder gehorchten nicht Gott, sie
gehorchten mir.... hier liegt der Grund ihrer Unruhe. Sie haben die Orientierung,
den Kompaß verloren: sie sahen in mir nur meine Person. Sie schauten nicht auf
mich, um Gott gehorsam zu sein. Mir
tut es leid, Jünger des Herrn zu sehen, die mir, einem Menschen gefallen wollen.
Ich freue mich mehr, unendlich mehr, jemanden zu sehen, der mir - wie Paulus -
meine Zerstreuungen, meinen Ungehorsam den Zeichen Gottes gegenüber, meine
Heucheleien ins Gesicht sagt. Auf diese Weise hat mich Paulus .... verteidigt!
Ja, er hat mich vor der Macht der Versuchung verteidigt, nämlich davor, zum
Stolperstein für die Brüder zu werden. Er hat gemerkt, daß ich nicht mehr dem
Herrn gehorchte, und er hat es mir gesagt. In seinem Herzen regierte der Geist
des Gehorsams gegenüber Gott, und er suchte in mir die Zeichen des Willens
Gottes. Darum hat er mich gewarnt, als er meine Aufmerksamkeit auf die Menschen
gerichtet sah, statt meine Hingabe an Gott.
Ein gehorsames Herz haben, bedeutet Heil! Das
gehorsame Herz ist Gott gefällig, und Er tut Wunder, wirkliche und echte Wunder
für den, der Ihm gehorcht.
Ihr könnt es an meiner eigenen Lebensgeschichte
sehen: Der Gehorsam gegen Gott hat mir Leiden und Gefängnis gebracht. Aber habt
ihr jemals ein so großes Wunder gesehen, wie es mir geschenkt wurde? Ich trat
aus dem Gefängnis, ohne daß die Wachen auch nur im geringsten meine Schritte
bemerkten?
Für einen
gehorsamen Menschen erweicht sich das Herz des Vaters. Ich erzähle euch keine
weiteren Ereignisse, ihr werdet selbst Erfahrungen machen.
Bin ich dem Herrn gehorsam, dann merke ich, daß ich
auch den Menschen gegenüber viel aufmerksamer bin: Ich verlasse mich tatsächlich
mehr darauf, was der Vater mir durch sie sagt, als auf das, was mir richtig
erscheint.
Oh, gewiß werde ich darauf achten, mich von den Brüdern
nicht zur Sünde verleiten zu lassen, aber der wahre Gehorsam bleibt nicht im
Dunkeln: Wenn ein Bruder versucht, mir Hindernisse in den Weg zu legen, so wird
der Heilige Geist nicht erlauben, daß der Gehorsame überlistet wird.
Das gehorsame Herz sucht keine Gründe für den
Gehorsam. Sein Grund liegt ganz in der Liebe.
Ich habe gemerkt, daß das Geheimnis jeden wahren
Lebens in der Liebe und in der Liebe Jesu liegt. Wenn ich Ihn von ganzem Herzen
liebe, werde ich auch gehorsam. Der Gehorsam belastet mich dann nicht, im
Gegenteil, er wird mir zu einer Möglichkeit, durch die ich lieben kann,
Die Liebe Jesu! Nicht umsonst pochte Er selbst bei
mir in diesem Punkt darauf: „Liebst du mich?“
Jesus wußte: Wenn ich Ihn liebe, bin ich Ihm auch
gehorsam, und wenn ich Ihn wirklich liebe, versuche ich, Ihm auf jede Weise
untertan zu sein, weil Er es auch war. Die wahre Liebe sucht in der Tat die Ähnlichkeit
(zu Jesus) und läßt uns ähnlich werden.
Wenn ich Jesus
liebe, versuche ich auch, Ihm gehorsam zu sein. Wenn ich Jesus liebe, gelingt es
mir, die anderen höher zu achten als mich selbst: höher als mich in der Liebe,
höher als mich in der Weisheit, höher als mich in der Vertrautheit mit Gott.
Ich habe alles zu gewinnen, wenn ich Jesus liebe,
weil ich alles zu gewinnen habe, wenn ich gehorsam bin. Dann kann ich mich auch
wirklich über die Weisheit, die Unterscheidungsgabe und das Licht vieler freuen.
Wenn ich alt sein werde, wird mich jemand führen,
wohin ich nicht will. Jesus hat es mir schon vorausgesagt. Schon ab jetzt will
ich mich daran gewöhnen, diese „Führung“ vom Vater anzunehmen. Ich will,
daß mein Ich mit seinen Ansprüchen, Wünschen und Erwartungen stirbt, um verfügbar
zu sein für jeden Hinweis der Erwartungen Gottes.
Kostbar in den Augen Gottes ist der Tod seiner Gläubigen.“ Dieses oft
gesungene Wort ließ mich an die anderen denken, an die bereits gestorbenen Gläubigen...
aber jetzt spüre ich, daß dieses Wort mir gilt. Es ist ein kostbarer Moment für
das Reich Gottes, wenn mein Wünschen und Wollen weder in Erwägung gezogen,
noch erhört wird. Diese Momente gibt es, und es wird sie weiterhin geben.
Dann, gerade dann will ich gehorsam sein... dem
Vater gehorsam. Wie Jesus dem Vater gehorsam war, als Er seine Schritte zu
Pilatus, zu Herodes, zum Hohen Rat, nach Golgatha lenkte. Er mußte, Er war
gezwungen, in diese Richtungen zu gehen. Wer Ihn sah, glaubte, daß er Zwängen
unterworfen war.
Aber
wer Ihn genau betrachtete, konnte erkennen, daß Er damals frei war, und in
seiner Freiheit gehorchte Er dem Vater. Er wußte, daß der Vater Ihm Seinen
Willen mitteilte - durch diese falschen und lieblosen Stimmen. Das gehorsame
Herz Jesu konnte die Liebe des Vaters dort sehen, wo keine menschliche Liebe
war. Das gehorsame Herz sieht Licht in der Nacht, weil es liebt. Die größte
Liebe Jesu haben wir an jenem Tag gesehen, in jenem Gehorsam, der für Ihn ständiger
Tod bedeutete.
Abschließend gestehe ich, Petrus, euch: Wenn ich
gehorsam bin, merke ich, daß ich Jesus, dem Sohn Gottes, ähnlich bin. Ich
trage Ihn im Herzen, wenn ich Ihm gehorche.
Und dir empfehle ich, Ihm ähnlich zu werden, Seinen
kindlichen und gehorsamen Geist anzunehmen: Dann wirst du die Fülle des Lebens
haben, göttliches Leben!
Auch wenn du verantwortungsvolle Aufgaben zu
erledigen hast, gerade in diesem Fall, suche jene Liebe, die dich gehorsam sein
läßt.
Du wirst gerettet werden und du wirst viele retten.
Derjenige, der alle Macht bekommen hat, war in allem gehorsam.
Wer gehorsam ist, ist vertrauenswürdig, und ihm
kann alle Macht gegeben werden.
So handelt unser Gott: Hierin versuche ich, Petrus,
dir ein Beispiel zu geben, dir den Weg zu öffnen, der bereits vorgezeichnet ist
vom Herrn Jesus!
(von
der Armut)
„...
doch was ist das für so viele!“
(Joh 6,9)
Ich bin
gewohnt zu kalkulieren. Ich konnte ausrechnen, wie viele Körbe von Fischen man
verkaufen mußte, um eine Woche davon leben zu können.
Es war leicht auszurechnen, daß für Hunderte und
Tausende von Personen fünf Weizenbrote und zwei Fische nicht ausreichen würden.
Ich hatte keine Angst, meine Schlußfolgerungen dem Meister mitzuteilen.
Er allerdings machte darum kein Aufhebens. Er ließ
mich bei meinen Kalkulationen und ging unbeirrt einen anderen Weg, ohne
Kalkulationen.
So habe ich gelernt!
Die Lehre des
Meisters hat mir geholfen, die Gegenwart und die Liebe des Vaters
einzukalkulieren. Wenn ich daran denke, daß ich einen VATER habe, den mich mein
Herr Jesus erkennen und begegnen ließ, dann bin ich ruhig.
Wenn ich daran
denke, daß mein Vater der Schöpfer des Universums ist, dann habe ich keine
Angst mehr, weder vor Hunger, noch vor Durst, weder vor der Zukunft, noch vor
der düstersten Wirtschaftslage.
Und wenn ich daran denke, daß mein Vater unser
Vater ist, dann habe ich keine Angst mehr vor den Menschen. Und wenn ich daran
denke, daß der Vater sieht und hört, dann möchte ich arm sein, noch ärmer,
damit Er sich als Vater erweisen und Seine Vaterschaft konkret in meinem Leben
ausüben kann.
Wir
lebten zusammen mit Jesus - wir waren viele, und niemand von uns ging einer von
Menschen bezahlten Arbeit nach -, und durch das Leben mit Ihm habe ich gelernt,
anders zu rechnen. Ich habe gelernt, daß... eins und eins nicht mehr zwei ist,
sondern hundert! Ja, denn bei Jesus muß man zum Eins und Eins den VATER hinzufügen.
Das ist das Geheimnis!
Ein
Geheimnis, das so vollkommen wird: Eins und eins um zu geben,
nicht eins und eins um zu nehmen! Seit
dem Tag, an dem ich die fünf Brote vor fünftausend hungrigen Menschen sah,
beklage ich mich nicht mehr! Damals habe ich mich bei Jesus wegen der Armut
beklagt, jetzt habe ich keinen Grund mehr dazu. Im Gegenteil, ich wünsche mir
die Armut, um weiterhin die Wunder Gottes sehen zu können.
Ich habe gemerkt, daß wir Menschen gerade in der
Armut darauf achten, Gott zu vertrauen, um das Angesicht des Vaters zu sehen, um
Seine Zärtlichkeit zu spüren.
In der Armut wächst unser Glaube und mit ihm auch
die Fähigkeit zur Gemeinschaft, zum brüderlichen Leben. Ich habe es viele Male
gesehen und im eigenen Herzen erfahren.
Ja,
die Armut ist ein großer Reichtum! Sie ist ein ständiger Ansporn zur Hoffnung,
zur Liebe, zur vertrauensvollen Abhängigkeit. Und diese Haltungen bewirken
Gelassenheit, Verfügbarkeit und Verständnis für andere.
Ich habe
Mitleid mit den Reichen, die nicht die Gnade und Schönheit eines solchen Lebens
ausprobieren können!
Für
mich, der ich gewohnt war, mein Brot mit dem Schweiße auf den Fischernetzen zu
verdienen, der gewohnt war zu sagen: ich
habe gearbeitet, ich habe verdient, ich bin von niemandem abhängig, ich bin auf diese Weise
aufgewachsen – für mich war es hart, meine
Denkweise zu ändern. Mit dem Meister blieb keine Zeit mehr zu arbeiten, zu
arbeiten im Sinn von Geld verdienen. Mit dem Meister sah ich die Armut voraus.
Aber es sind viele Jahre vergangen - und siehe da,
ich lebe noch. Ja, wenn ich zurückdenke... hat es mir nie an irgend etwas
gefehlt!
Auch der Meister hat seine Arbeit als Zimmermann
verlassen und erfahren, daß der VATER, der die Vögel des Himmels ernährt und
die Blumen kleidet, einen Vorrat an Brot und Stoffen für jene Kinder bereit hält,
die für Sein Reich arbeiten.
Der
Vater schickt niemanden zur Arbeit, ohne ihn mit dem Nötigen zu versorgen. Aber
Seine „Arbeiter“ sollen sich nur um das Reich sorgen, nur um Sein Reich. Was
sie für ihr Leben und ihre Arbeit brauchen, werden sie schon vorbereitet finden!
Sie sollen sich nur für Sein Reich abmühen.
Oh, welche Mühe! Mühe, unter allen Umständen im
Frieden zu bleiben; Mühe, den Blick von sich abzuwenden, um sich an Ihm zu
orientieren und sich an Ihm zu erfreuen; Mühe, Sohn zu bleiben; Mühe, anderen
die Worte und das Lächeln Gottes weiterzugeben. Aber all diese Mühe ist
vergessen, wenn du den Vater über deine Armut geneigt siehst, damit dir an Nötigem
nichts fehlt und manchmal auch nichts an Überfluß!
„Selig
die Armen“: Ich erinnere mich, diese Worte vom Meister gehört zu haben. Ja,
selig die Armen, weil sie die Hand des Vaters sehen können, die sich für sie
öffnet.
Selig
diejenigen, die Jesus wählen und sich nicht um sich selbst kümmern; sie sorgen
sich nicht mehr um diese Welt, welche glaubt, nur im Reichtum existieren zu können.
Das ist der Moment, in dem sich die Welt von Gott entfernt, sie verliert sich in
ihrem Meer an Nichtigkeiten.
Selig, wer alles verteilt, was er besitzt, wer sich
loslöst von allem, wer sich arm macht, um JESUS zu lieben, nur um IHN im Herzen
zu haben.
Ich, Andreas, der ich mich wegen der Armut beklagt
habe, kann es dir sagen: Gib nur all deine Perlen her! Riskiere nicht, daß eine
von ihnen Raum in deinem Herzen gewinnt.
Dein ganzes Herz gebührt JESUS, Er ist es wert! Es
gibt keinen kostbareren Schatz, weil du dann den VATER neben dir sehen kannst.
(von der Armut im Geiste)
„Sag
uns, wann wird das geschehen...?“
(Mk 13,3)
Ihr kennt mich mit dem tönenden Beinamen: „Boanergès“,
d.h. „Sohn des Donners“ und ... vergeßt ihn nicht, denn ich hatte ihn wohl
verdient mit meinem angeborenen Bestreben, die anderen übertreffen zu wollen.
Ein angeborenes Verlangen, sicher, aber vergrößert durch meine Anmaßung. Ich
glaubte, daß in der Welt der Menschen das gleiche Gesetz wie in der Welt der
Fische gilt: Die Großen fressen die Kleinen. Ich wollte ein großer Fisch sein,
immer oben auf .... und deshalb gebrauchte ich auch die tönende Stimme!
Der Meister ertrug mich, er sagte nichts, aber er
gab mir ein anderes Beispiel. Ich war versucht zu glauben, daß diese stille
Art, dieses ständige Schweigen, ein Zeichen von Schüchternheit und fehlender
Persönlichkeit sei, statt dessen habe ich gemerkt, daß es nur Liebe war.
Er war nicht schüchtern, ihm fehlte es nicht an
Persönlichkeit, im Gegenteil! Gerade seine Stärke benutzte er, um zu lieben
und zu bewirken, daß wir uns bei Ihm wohl fühlen, daß unsere Persönlichkeit
wachsen, sich entfalten und offenbaren konnte.
Im Laufe der Jahre und im Sammeln eigener und
anderer Erfahrungen habe ich dann gemerkt, daß das „Sohn-des-Donners-Sein“
nur ein Zeichen von Oberflächlichkeit ist. Ich war sehr oberflächlich, schaute
auf den Anschein und darum liebte ich den Lärm.
Als ich begann, die Gegenwart und das Handeln des
Heiligen Geistes zu ahnen, habe ich auch begonnen, aus einer anderen, neuen und
ungewöhnlichen Tiefe zu leben. Ich weiß nicht, was diejenigen von mir dachten,
die mich von früher her kannten. Ich war gewiß so verändert, als wäre meine
Persönlichkeit ausgewechselt. Aber ich danke dem Herrn: Eine ähnliche Veränderung
wünsche ich allen. Ein neues Leben begann in mir. Ich weiß nicht, wie ich es
nennen soll, vielleicht inneres Leben, oder göttliches Leben, oder geistliches
Leben. Vielleicht ist dies das Eintreten ins Reich Gottes, denn auf der Ebene
dieses Lebens stehen nicht mehr die Freuden und Wünsche der Welt im Vordergrund,
sondern die Liebe des Vaters für alle. Ja, das ist wirklich die Schwelle zum
Himmelreich!
Ich war tatsächlich sehr oberflächlich. Wenn ich
daran denke, muß ich erröten. Auch meine Neugierde war nur ein Zeichen meiner
Oberflächlichkeit. Ja, ich war neugierig. Zusammen mit meinem Bruder und den
beiden Söhnen des Jona habe ich mir erlaubt, den Meister Dinge zu fragen, die
man nicht fragt. Aber ich war oberflächlich, ich suchte und gab mich mit der äußeren
Schale der Wirklichkeit zufrieden.
Ich habe ihn gefragt, bei welcher Gelegenheit oder
in welchem Jahr gewisse bedeutsame Dinge geschehen würden. Es war eine Frage
der Neugierde. Ich wollte es wissen um zu wissen; wollte die Geheimnisse Gottes
kennen aus Freude am Wissen, oder, wer weiß, was in mir steckte; vielleicht der
Wunsch, mehr zu sein als die anderen, als Erster informiert zu werden, um sagen
zu können: „Ich wußte es bereits!“
Es war Neugierde, die mich ablenkte von meiner
Aufgabe, vom Achten auf meinen Herrn. Mein Leben ist in Ihm, im Verborgensein in
Ihm: das mußte ich lernen. Es nützt mir nichts zu wissen, wann eine wichtiges
Ereignis geschieht, sondern es nützt mir, heute eingetaucht in die Liebe des
Vaters zu bleiben, festgeklammert an Jesus.
Nicht
einmal die Engel kennen die Zukunft, auch Jesus, der Meister, sorgt sich nicht
darum. So will auch ich, Sein Jünger, mich nicht an Phantastereien weiden und
an der Suche nach Vorhersagen und Vorahnungen. Mit solchen Dingen spielt der
Teufel.
Darum sind die Neugierigen stets entfernt von der
Wirklichkeit, immer außerhalb des Herzens Gottes. Er öffnet es denen nicht,
die sich Ihm nähern, um etwas in Erfahrung zu bringen, sondern denen, die zu
Ihm kommen, um sich Ihm darzubringen, um sich Ihm zur Verfügung zu stellen, Ihn
zu lieben. Ihnen öffnet der Vater das Herz und tut ihnen seine Geheimnisse kund,
ohne daß sie danach fragen, ohne daß sie es wahrnehmen.
Gott öffnet das Herz nicht denen, die ihn studieren
wollen und damit prahlen, was sie in Seinem Licht gesehen haben. Des Vaters Herz
wird durchscheinend für diejenigen, die sich mit Liebe in ihm versenken. Und
dies widerfährt den Kleinen, den Demütigen, den Zufriedenen.
Das hat uns eines Tages unser Meister gesagt und ich
habe es erfahren: Wenn ich versuche, Gott zu verstehen, entferne ich mich von
Ihm. Wenn ich Ihn lieben möchte, mich Ihm hingeben, verstehe ich Ihn.
Die Handlungsweise Gottes ist sonderbar; sie ist
wunderbar und weise. Selig ist die Armut im Geiste! Der demütige und arme Geist,
der nicht nach großen Dingen sucht, der nicht alles und sofort wissen will,
dieser Geist ist selig. Er hat die idealen Voraussetzungen, um das Licht des
Reiches zu empfangen.
Selig,
wer sich dem Herrn und Seinen Geschöpfen mit Dankbarkeit naht, nicht mit
Neugierde! Die auf die Dinge Gottes oder auf die seiner Geschöpfe gerichtete
Neugierde verhindert, Gott zu erkennen. Ich habe gelernt, mich mit dem zufrieden
zu geben, was Jesus selbst mir sagt: Das allein ist nützlich und notwendig,
damit mein Leben zur Offenbarung Seines Lebens wird.
Die
Neugierde erzeugt den Wunsch nach Eitelkeit, so wie es gerade mir passiert ist.
Ich wollte im voraus wissen, welcher Platz mir zugedacht ist, um mir den ersten
zu erobern. In dieses sonderbare Verhalten habe ich auch meinen jüngeren Bruder
hineingezogen.
Jesus war gut mit mir, er hat mich nicht gescholten,
sondern er hat mir gezeigt, daß mein Platz Sein Platz sein muß: mich dem Vater
opfern, aus seinem bitteren Kelch trinken, das Leben hingeben.
Wenn ich etwas für mich suche, sei es eine Stellung,
sei es das Wissen einer Neuigkeit, so lebe ich kein göttliches Leben, weil ich
auf mich konzentriert bin. Nur wenn ich sagen kann „Hier bin ich“, „In mir
erfülle sich Dein Wort“, dann ist mein Leben und das des Sohnes eins!
Ich, Jakobus, Sohn des Zebedäus, Sohn des Donners,
freue mich, dir sagen zu können, daß die innere Armut, das Sich-Begnügen in
allem, das Stillewerden, ein großes Geschenk und eine Hilfe ist, um Jesus zu
lieben.
Nichts für sich wünschen ist ein großer Gewinn:
Es bringt dir den Frieden Gottes und die Ähnlichkeit mit Ihm!