DIE
PSALMEN
„Es ist schön, unserem Gott zu singen“ - (Ps 147) .
Halleluja.
Lobt,
ihr Knechte des Herrn,
lobt
den Namen des Herrn.
Der
Name des Herr sei gepriesen
von
nun an bis in Ewigkeit.
(Ps 113, 1+2)
Antike Mönche und Eremiten empfahlen ihren Jüngern, die Psalmen auswendig zu lernen.
Der heilige Benedikt schrieb in seiner Regel vor, den ganzen Psalter innerhalb einer Woche zu lesen, wie es die Liturgie in den jüdischen Synagogen vorsah.
Das Gebet der Kirche besteht zum größten Teil aus den Psalmen.
Was sind die Psalmen?
Wie soll man sie lesen?
Kann auch ich sie beten?
Einige kurze Überlegungen können dir helfen. Vielleicht bekommst du Mut, nicht nur einige Psalmen zu beten, sondern auch eine tiefere und vollständigere Erklärung zu lesen!
Don Vigilio Covi
Lobet
den Herrn, alle Völker,
preist
ihn alle Nationen!
Denn
mächtig waltet über uns seine Huld,
die
Treue des Herrn währt in Ewigkeit.
(Ps 117)
1. DIE PSALMEN: Eine Gebetsschule für den Sünder
Der Mensch ist ein Sünder. Jeder Mensch sündigt. Jeder Mensch spürt in seinem Herzen Gefühle und Gedanken, die nicht von Gott sind, die nicht von dem Gott, der nur Liebe ist, kommen können. Der Mensch ist Erbe Adams, von jenem Adam, der vor dem Blick Gottes flieht.
Schon von Jugend an merkt jeder Mensch, daß er diese Orientierung geerbt hat: die Schulter gegen Gott Vater gewendet. Der Mensch ist ein Sünder. Er ist ein Sünder, auch wenn er sich entscheidet, zu beten.
Die Gebete, die der Mensch zum Vater richtet, sind Gebete, die seine Situation widerspiegeln.
Nur Jesus lehrt das wahre Gebet, aber der Mensch ist nicht imstande, sofort die Worte Jesu auf seine Lippen zu setzen; Worte, welche Vergebung, Demut und Milde voraussetzen. Die Psalmen sind eine Gebetsschule für den sündigen Menschen. Sie sind eine Gebetsschule für den Gewalttätigen, für den Rachsüchtigen, für den Menschen, der die Sünde des Bruders nicht ertragen kann. Wieviele Personen bitten Gott um Gerechtigkeit, und sie bitten darum, wie sie können: mit einem Rachegeist und mit Haß.
Und Gott erbarmt sich ihrer, und Er bietet uns Psalmen an, die für diese Fälle gerade geeignet sind.
„Seine
Kinder sollen zu Waisen werden
und
seine Frau zur Witwe.“ (Ps
109,9)
„Niemand
sei da, der ihm die Gunst bewahrt“.
(Ps 109,12)
„Er
liebte den Fluch, er komme über ihn“.
(Ps 109,17)
Auch der rachsüchtige und der verbitterte Mensch soll beten dürfen, soll dem Gott der Liebe und des Vergebens begegnen können. Wer weiß, ob er sich nicht ändert, wenn er sich mit Ihm abgibt. Er soll so, wie er ist, zu Ihm gehen, mit seinen spontanen Gefühlen. Er soll so zu Ihm gehen. Sicherlich wird er Gutes davon erfahren. Wenn der sündige Mensch mit Sündgefühlen entdecken wird, daß er Gott als Verbündeten hat, wird er Ihn vielleicht tiefer befragen und sich von Ihm befragen lassen. Die Verzweiflung und Verbitterung sollen ruhig zum Gebet werden: so werde der gehaßte und verfluchte Bruder vor Gott gebracht. Ihm sei die Rache und die Strafe überlassen.
Indem wir auf Gott schauen, dem allein die Aufgabe des Strafens und der Rache zukommt, werden wir sehen, wie die Rache dessen ausschaut, der nur lieben kann! Wir werden Jesus sehen, der den Fluch erleidet, den wir gegen den Sünder ausgesprochen haben.
Die Psalmen sind eine Gebetsschule: sie lassen den sündigen Menschen beten, und langsam, langsam, ändern sie seine Gedanken, Gefühle und Wünsche. Der sündige Mensch, der sich Gott nähert, wird auf jeden Fall verwandelt.
„Da
bekannte ich dir meine Sünde
und
verbarg nicht länger meine Schuld vor dir.
Ich
sagte: Ich will dem Herrn meine Frevel bekennen.
Und
du hast mir die Schuld vergeben.“
(Ps 32,5)
2. DIE PSALMEN: Gebete, für wen? an wen?
Was sind die Psalmen?
Es sind Gebete, die von verschiedenen Personen in verschiedenen Epochen geschrieben worden sind. Sie sind in einem Buch des alten Testaments gesammelt, das Buch der Psalmen oder Psalter genannt wird. Psalm ist ein Wort, das allgemein mit „Lob“ übersetzt werden könnte; Lob, das mit dem Psalter - einem Saiteninstrument - begleitet wird.
Viele dieser Gebete sind David zugeschrieben, einige Salomo, andere bekannten und unbekannten Personen in der Geschichte des Volkes Israel. Die Gelehrten sind sich nicht immer einig in der Zuschreibung, die sich neben dem Psalmtitel befindet. Sie sagen, daß jene, die sie gebetet haben, wahrscheinlich an den großen König und Sänger dachten, den Stammvater der königlichen und messianischen Familie, oder an ein Ereignis seines Lebens.
Einige dieser Gebete sind sehr alt, vielleicht vor demselben David. Andere stammen direkt von ihm, andere sind jünger oder sie sind umgeschrieben, verlängert und ergänzt worden, infolge eines besonderen Ereignisses, um sie zu beten in Zeiten, in denen neue Schwierigkeiten und Bedürfnisse entstanden sind: während des Exils in Babylon oder nach der Rückkehr und dem Wiederaufbau der Stadt und des Tempels.
Für wen sind sie geschrieben worden? Von wem sollen sie gebetet werden?
Einige sind geschrieben worden für den einzelnen Gläubigen, der den Gott der Väter, den treuen Gott anflehen oder loben oder ihm danken will. Andere sind bestimmt für das liturgische Gebet im Tempel, andere für das pilgernde Volk, das am Ende der Reise die Stufen zum Tempel hinaufsteigt, andere an die Sänger, die mit ihrer Teilnahme die Liturgie der verschiedenen Feiern festlich gestalten, andere sind dem Tag der Inthronisierung oder der Weihe des Königs vorbehalten, andere sind für die Feste gedacht, die an dramatische Ereignisse der Geschichte des Volkes erinnern.
Einige Psalmen sind Bitten um Vergebung für den reuigen Gläubigen, andere sind der Anruf eines Schwerkranken, oder von jemandem, der die Ungerechtigkeit der Mächtigen auf sich lasten fühlt. Andere Psalmen drücken die unfaßbare Freude eines Menschen aus, der die Liebe Gottes spürt und sie erfahren hat.
An wen sind diese Gebete gerichtet? An einen Gott, der anders ist als der unsere?
Manchmal scheint es tatsächlich so. Manchmal scheint der Gott der Psalmen ein Gott zu sein, der imstande ist, zu verfluchen oder sich zu rächen; ein Gott, der den Menschen verlassen hat und mit niemandem Erbarmen hat. Wir sind an das Evangelium zu sehr gewöhnt, an die gute Nachricht über die treue Liebe des Vaters. Wir erfreuen uns der vollen Offenbarung des Angesichtes Gottes, des Freundes der Menschen, deswegen nehmen wir Anstoß an der Unvollkommenheit, mit der das Volk Israel im Alten Testament Gott erkennt.
Es ist der gleiche Gott, unser Vater, aber angerufen von Personen, die Ihn unvollkommen erkennen, von Personen, die Ihm die Reaktionsweisen der Menschen zuschreiben.
Wir werden nicht Anstoß nehmen, sondern wir werden versuchen, das Gebet zu „vollenden“ mit der neuen und vollkommenen Erkenntnis Gottes, die uns von Jesus, dem Sohn, geschenkt worden ist.
„Herr,
steh auf in deinem Zorn,
erheb
dich gegen meine wütenden Feinde!
Wach
auf, du mein Gott!
Du
hast zum Gericht gerufen.
Die
Bosheit der Frevler finde ein Ende,
doch
gib dem Gerechten Bestand, gerechter Gott,
der
du auf Herz und Nieren prüfst.“
(aus Psalm 7)
3. DIE PSALMEN: Das Gebet Mariens
4. DIE PSALMEN: Das Gebet Jesu
5. DIE PSALMEN: Das Gebet der Kirche
6. DIE PSALMEN: Mit vier Schlüsseln
7. DIE PSALMEN:
Ein Gebet für den Menschen, auf jeden Fall
8. DIE PSALMEN: Eine Lebensschule
9. DIE PSALMEN: Das wahre Gebet
10. DIE PSALMEN: Verschiedenartiges Gebet
11. DIE PSALMEN: Immerwährendes Gebet
12. DIE PSALMEN: Erhörtes Gebet
1.
Wenn wir beten, enden alle Psalmen mit der christlichen Doxologie: Ehre sei dem Vater, und dem Sohn und dem Heiligen Geist. So vollenden wir die Vorstellung von Gott, welche die Psalmen uns anbieten, indem wir uns erinnern, daß Er sich als Liebe, als vollkommene Liebe, als Gemeinschaft offenbart hat!
Fügen wir diese Ehrung des heiligen Namens Gottes jedem Psalm hinzu, indem wir uns an die Offenbarung, die uns Jesus von Ihm gebracht hat, erinnern: dieser letzte Zusatz hilft uns, dieses Gebet mit der Kirche zu interpretieren. Sie hebt den wahren und ewigen Sinn hervor und überwindet so den wörtlichen Sinn, der oft überholt ist.
„Ich
will jauchzen und an dir mich freuen,
für
dich, du Höchster, will ich singen und spielen“
(Ps 9,3)
2.
Hast
du den Wunsch, die Psalmen zu beten? Aber wie?
Du kannst die Bibel nehmen: öffne sie beim Buch der Psalmen, beginne mit dem ersten Psalm, lies einige jeden Tag, mit Ruhe, ohne Sorge, sie zu verstehen oder dich mit jedem der ausgedrückten Gefühle zu identifizieren. Auch wenn du betest, bist du ein Glied von Christi Leib, du bist der Bruder vieler Geschwister, die von deinem Gebet profitieren und die - ohne daß du es weißt - ihre Gefühle zu Gott durch dich ausdrücken. Und wenn du nichts verstehst, mache dir keine Sorgen: Gott hört seinen Sohn, der mit deinem Gesang zu Ihm redet; Gott versteht den Geist, den du im Gebet in dir beherbergst! Mache dir keine Sorgen: Gott versteht dich besser, als das, was du Ihm sagen möchtest!
Anstelle der Bibel kannst du auch ein Psalterium nehmen, das mit Erklärungen, Gebeten, Hinweisen auf das neue Testament ergänzt ist und dir helfen kann, Bedeutungen und Aspekte der verschiedenen Verse zu verstehen, die sich auf das Leben des Herrn Jesus oder auf unser christliches tägliches Leben beziehen.
Wenn du ein Brevier hast, ein Buch, in dem für jeden Wochentag und für die verschiedenen Gebetsstunden (Morgen, Mittag, Abend, Nacht) Psalmen ausgewählt sind, benütze es mit Einfachheit. Es ist das Werkzeug, das die Kirche seit Jahrhunderten vorbereitet hat, um uns im Gebetsleben zu helfen. Mit ihm gliederst du dich direkt in das Lob des ganzen Leibes Christi ein. Die Psalmen bilden den Hauptteil; sie sind aufgegliedert, indem sie den Tag und Wochenrythmus berücksichtigen, um uns zu helfen, das Mysterium des Todes und der Auferstehung Christi zu leben. Sie werden eingeleitet von Hymnen und abgeschlossen von kurzen Lesungen und Gebeten, die uns in die verschiedenen Geheimnisse des jährlichen liturgischen Jahreskreises einführen. Dazu ist jeder Psalm überdies begleitet von Versen des neuen Testamentes und von Antiphonen, welche die Hauptaspekte hervorheben und den Zusammenhang mit dem Leben des Herrn und mit der Heilserfüllung, die Er vollbracht hat, herstellen.
Das Brevier ist nicht nur das Buch für das Gebet der Priester, sondern es ist das Gebetbuch, das die Kirche allen Christen vorschlägt! Vielleicht wird es auch für dich die Stütze, die dir hilft, das Leben in freudiges und dauerhaftes Lob zum Vater zu verwandeln; das Mittel, das dich ermutigt, in deinem Haus mit den Deinen, mit deinen Freunden und mit anderen Freunden des Herrn zu beten!
Der
Herr ist allen, die ihn anrufen, nahe,
allen,
die zu ihm aufrichtig rufen.
Die
Wünsche derer, die ihn fürchten, erfüllt er,
er
hört ihr Schreien und rettet sie.
Alle,
die ihn lieben, behütet der Herr,
doch
alle Frevler vernichtet er.
Mein
Mund verkünde das Lob des Herrn.
Alles,
was lebt, preise seinen heiligen Namen
immer
und ewig!
(Ps 145, 18-21)
DIE PSALMEN
Gebetsschätze:
Wort
Gottes
in
Menschenmund!
Sie zeigen uns,
wie Gott wünscht,
geliebt
gesucht
erkannt
angehört
gefragt
gelobt
angebetet
erwartet zu werden!
Wenn wir die Psalmen beten,
üben wir die Gabe der Frömmigkeit,
wir bekommen von ihnen Rat und Stärke,
wir werden gekleidet mit Weisheit und Verständnis,
mit den Psalmen leben wir nach der wahren Wissenschaft
und
drücken die heilige Gottesfurcht
aus!
Wir verstehen die Psalmen, indem wir sie beten,
und indem wir sie beten, werden wir verwandelt!
Don Vigilio Covi