Glaube
und Leben
"Euch,
die ihr glaubt, gilt diese Ehre."
Denn
aus Gnade seid ihr durch den Glauben gerettet..."
(Eph
2,8)
Vorwort
Wir
leben in einer Zeit, in der viele sich einen "Glauben" nach ihrem Maß
bilden, oder sie suchen ihn - nach Maß - bei Gruppierungen, Sekten oder
verschiedenen Neuheiten.
In
dem ganzen Durcheinander von Meinungen und Religionen freue ich mich noch mehr
über den jahrhundertealten, sicheren Glauben, der mir von der Kirche vermittelt
wird. In ihm bin ich schon ganz klein getauft worden, in ihm will ich meine Tage
beenden.
Wenn
ich mich einer Sache rühmen darf, dann gerade dieses Glaubens: ich bin stolz
darüber - mit Demut und Liebe. Dieser Glaube ist meine Größe; er ist nicht
mein Werk, sondern ein Geschenk, das ich bekommen habe.
Dieser
Glaube hält mich klein, aufgefangen in den starken und zärtlichen Armen des
Vaters, wie in den Armen einer Mutter! Es ist ein Glaube, von dem ich mich
geehrt fühle, wie der hl. Petrus sagt.
Ich
liebe meinen Glauben.
Don
Vigilio Covi
1.
"Alles, was nicht aus Glauben geschieht,
ist Sünde."
(Röm
14,23b)
"Denn
lebendig ist das Wort Gottes, kraftvoll..." (Hebr 3,12).
Jedes Wort Gottes ist lebendig. Jedes Wort
Gottes bringt Frucht. Auch das Wort, das ich als Titel dieses Kapitels gewählt
habe, ist lebendiges Wort. Heute hat der Apostel es wiederholt, er hat es mir
ins Herz gelegt. Es war eine Überraschung, ja ein Paukenschlag, wie jener, mit
dem Jesus auf dem Tempelplatz die Tische umgeworfen und die Händler samt Ochsen,
Schafen und Tauben vertrieben hat.
Dieses Wort bleibt in mir und schlägt langsam
langsam Wurzeln.
"Alles,
was nicht aus Glauben geschieht, ist Sünde."
Ich hatte mich daran gewöhnt zu denken, daß
es außerhalb des Glaubens viele gute Dinge gibt. Die Kultur, in der ich
eingetaucht bin, bietet mir ständig diesen Trank an: auch ohne Beziehung zu
Gott gibt es viel Gutes. Gute Atheisten, anonyme Christen, soziale und humanitäre
Taten und Initiativen, Friedensvorschläge und solche der Zusammenarbeit mit
einem jeden, der an die Güte, an die Werte des Lebens und des Wohlstandes, der
Solidarität und der Ökologie "glaubt".
Ich hatte mich an diese Sicht der Wirklichkeit
gewöhnt und mir ging es dabei gut, so gut, daß ich den Glauben schon als etwas
Zusätzliches betrachtete, als großes Gut zwar, aber nicht unbedingt als etwas
Notwendiges, denn viele beschäftigen sich mit großen Werten, auch ohne ihn.
Jetzt aber hat mich dieses Wort getroffen, das
Paulus den Christen von Rom sandte. Wenn ein Wert nicht vom Glauben kommt, ist
es Sünde.
Wenn der Friede nicht vom Glauben kommt, ist
es Sünde.
Wenn die Solidarität nicht vom Glauben kommt,
ist es Sünde.
Wenn die Ökologie, die Liebe zum Leben, die
Größe des Menschen, die Brüderlichkeit, die soziale Gerechtigkeit... nicht
vom Glauben kommen, ist es Sünde.
Wenn die Reinheit und der geschlechtliche
Respekt, die Liebesgefühle für einen Mann oder für eine Frau und der
folgerichtige Entschluß zu heiraten, wenn die Ablehnung der Gewalt, der Schutz
der Kinder, die Ehrlichkeit am Arbeitsplatz, die Beachtung der religiösen Bräuche...
nicht vom Glauben kommen, ist es Sünde.
Der hl. Paulus rüttelt meine Seele auf, wie
man ein Tischtuch schüttelt: alles fliegt weg wie Unrat. Aber es bleibt die Möglichkeit,
den Glauben wie ein großes Gefäß über die Seele zu breiten. Aus ihm kann man
immer wieder schöpfen.
Warum ist alles Sünde, wenn es nicht vom
Glauben kommt?
Ich versuche nun, dieses Wort des Apostels,
das Wort Gottes ist, zu verstehen, um es ganz zu dem meinigen zu machen.
Gott spricht nämlich nicht, um mich zu betrügen.
"Alles,
was nicht aus Glauben geschieht, ist Sünde."
Ich weiß, daß Sünde bedeutet, einen Weg zu
gehen, der mich das Ziel verfehlen läßt, der mich nicht zum Vater führt, bei
dem allein das Leben ist, das ewige Leben. Sünde sind also die Schritte Adams,
die er macht, indem er Gott, der ihn ruft, die Schulter zeigt; Sünde sind die
Schritte, ob langsam oder schnell, mit denen er versucht, Verstecke zu erreichen,
wo er sich vor dem milden und zärtlichen Blick des Vaters verbergen kann.
Jeder Schritt, den Adam in die eingeschlagene Richtung macht, entfernt
ihn noch mehr von Gott. Jede seiner Taten bringt ihn nicht Gott näher, bis er
nicht selbst, der rebellische Adam, umkehrt und auf den zugeht, der ihn sucht.
Um ihn zu finden, hat er seinen Sohn gesandt. Wenn "Adam" sich von
Jesus finden läßt, fängt der Glaube an und mit ihm das Leben.
Im Satz, den ich zu verstehen versuche, glaube
ich nicht, daß das Wort "Sünde"
"Schuld" bedeutet". Es
ist keine Schuld, wenn man die menschlichen Werte lebt, die etwas Freude ins
Leben und in die Mühen der Menschen bringen. Sie genügen aber nicht, um mir das
Leben zu geben, um mich zu Dem zu führen,
der das Leben gibt, zum Vater! Es sind
noch Schritte in eine Richtung, die vom eigentlichen Ziel wegführen.
Der Glaube, das Vertrauen, die Hingabe, der Gehorsam, die Jesus in mir
entstehen läßt, geben allem einen neuen Wert: alles, was ich vereint mit Jesus
tue, ist ein Brot, das mich näher bringt und mich dem Vater begegnen läßt,
seinem und unserem Vater. Alles, was nicht aus meiner Vertrauensbeziehung zu
Gott entspringt, entfernt mich von ihm. Der hl. Paulus ist drastisch, wenn er
sagt "alles".
Auch das Gute, das ich tue, wenn ich es ohne
jede Beziehung mit dem Vater und mit Jesus tue, ohne das Bewußtsein (zumindest
stillschweigend) den Willen Gottes zu vollbringen und die Liebe zu üben, die Er
in mein Herz eingegossen hat, ist ein Flimmern, das meinen Blick von seinem
strahlenden Angesicht ablenkt.
Werde ich imstande sein, mich umzudrehen, mich
zu bekehren, alles im Glauben an Gott, der mir geschenkt wurde, anzunehmen? Vom
Morgen bis zum Abend und vom Abend bis zum Morgen werde ich ständig zum Vater
gehen, zusammen mit Jesus. Von Ihm werde ich lernen, von Ihm, dem wahren Sohn,
der immer bereit ist, sich an Gott zu orientieren.
Ich fange an, "meinen" Glauben zu
lieben, der die einzige Quelle meines ganzen Lebens ist!
2.
"Tut eure Arbeit gern,
als wäre sie für den Herrn und nicht für
Menschen."
(Kol
3,23)
Was nicht vom Glauben kommt, hält uns vom
Vater fern, ist ein Hindernis für unsere Gemeinschaft mit ihm: es ist Sünde.
Alles hingegen, was vom Glauben kommt, ist
Gnade! Was dem Vertrauen, das ich in Gott setze, entspringt, ist unentgeltliches
Geschenk, ist Kraft, ist Licht, ist etwas Neues, ist Friede.
Wenn ich im Glauben lebe, ist Gott für mich
Vater: ich sehe ihn so, ich behandle ihn so.
Mein ganzes Denken und all mein Tun füllen
sich mit jenem typischen Merkmal der unentgeltlichen Liebe, mit der mich der
Vater umhüllt.
Im Glauben tue ich alles, was ich mache, wie für
den Herrn, und alles, was ich bekomme, empfange ich von ihm: alles ist für mich
wie ein Geschenk.
Jesus hat seine Apostel von Gott als Vater
bekommen und er hat von diesem Vater auch die Demütigungen und das Kreuz
empfangen. Deshalb hat er seine Liebe, den gleichen Blick, dasselbe Licht sowohl
den Jüngern als auch den Soldaten seines Leidensweges schenken können.
Jesus ist das Beispiel für mein Glaubensleben:
obwohl Sohn Gottes, hat er ja gerade deshalb den Glauben in der höchsten und
tiefsten Form, in der beständigsten und festesten Art und Weise gelebt.
Er wußte sich in jedem Moment vom Vater
gesandt, und deshalb hielten ihn sein Vertrauen und seine Ergebenheit in ständigem
Hören, in aufmerksamer Bereitschaft.
Er fühlte jedes Ereignis, jede Begegnung,
jede an ihn gerichtete Frage wie ein Wort des Vaters, der ihm etwas schenkte
oder von ihm etwas verlangte.
Mein Glaube ist jener von Jesus. Aber ich lebe
ihn auf unvollkommene Weise, so unvollkommen, daß ich mich vor ihm schämen muß.
Aber mein Glaube ist der seinige: jenen, den Er in mir gesät und mit seinem
Wort gepflegt hat.
Mein Glaube ist jener, den Jesus in den Vater
setzt.
Ich weiß, was Jesus über den Vater erzählt
hat und ich setze in den Vater jenes Vertrauen, zu dem mich Jesus aufgefordert
hat.
Ich vertraue mich dem Vater mit derselben
Entschiedenheit an, mit der sich Jesus ihm anvertraut hat.
Aus diesem Glauben heraus wachsen Haltungen
und Entscheidungen, die wiederum jene von Jesus sind, und alles, was ich im
Glauben tue oder bekomme, hat den Wert eines Geschenkes.
"Ob
ihr also eßt oder trinkt oder etwas anderes tut:
tut
alles zur Verherrlichung Gottes"
(1 Kor 10,31).
Auch die einfachsten und alltäglichsten Dinge,
auch die man (fast) automatisch tut, mache ich aus dem Glauben heraus, denn mein
Leben hat diese Ausrichtung genommen.
Der Vater fehlt nie. Er ist nie abwesend.
Er schläft nicht ein. Wo immer ich bin, was
immer ich tue, ER ist zugegen, wie der Psalm sagt:
"Steige
ich hinauf in den Himmel, so bist du dort;
bette
ich mich in der Unterwelt, bist du zugegen" (Ps 139,8).
Die Liebe des Vaters kennt keine Unterbrechung,
deswegen ist alles, wirklich alles, seine Gabe für mich.
Die Stimme einer Person, die mich ruft, ein
Telefonanruf, die nächtliche Schlaflosigkeit, das vorbereitete Essen, die Verspätung
eines Freundes, der Tadel eines Vorgesetzten, die anmaßende Forderung eines
Familienangehörigen, die Kälte auf der Straße, Regen oder Sonnenschein, Nebel
oder Kälte, Fieber oder Zahnschmerzen, die Tüchtigkeit oder Unerfahrenheit des
Arztes, der Durst und das stillende Getränk: einfach alles lebe ich in der
Liebe des Vaters zu mir.
Mein Verhalten gegenüber diesen
Wirklichkeiten offenbart das Vertrauen, das ich zu Ihm habe.
Auch meine Fähigkeit, mit Geduld,
Gelassenheit und Liebe auf alles zu reagieren, ist seine Gabe, seine Gnade!
Alles, was vom Glauben kommt, ist Gnade!
3.
"Wird jedoch der Menschensohn,
wenn er kommt, auf der Erde (noch) Glauben vorfinden?"
(Lk
18,8)
Wieso stellt sich Jesus diese Frage?
Es ist eine Frage, die niemand beantworten
kann, weder seine Jünger, noch seine Gegner. Er selbst will auf diese Frage
keine Antwort geben. Man könnte sagen, daß dies eine rhetorische Frage ist: er
will damit etwas Wichtiges andeuten.
Der Menschensohn wird bei seiner Wiederkunft
Gläubige suchen; ER wird jene suchen, die auf Ihn warten, die Ihm vollkommen
vertrauen.
Es ist seltsam: Ist nicht die Liebe
das Wichtigste? Werden nicht alle nach der Liebe gerichtet werden? Werden die Jünger
nicht an ihrer Liebe wiedererkannt? Ist nicht die Liebe der Paß für das
Himmelreich?
Dennoch, Jesus stellt diese Frage: Wird es
noch Glauben geben?
Kann der Glaube wichtiger sein als die Liebe?
Wie viele Menschen, die fähig sind zu lieben, sind trotzdem noch nicht im
Himmelreich, weil es ihnen an Glauben fehlt!
Zwei Beispiele mögen genügen: eines aus dem
Evangelium, das andere aus der Apostelgeschichte.
Der hl. Lukas erzählt von einem römischen
Hauptmann, der das Volk so liebt, daß er den Bau der Synagoge von Kafarnaum
unterstützt. Jesus lobt aber den Hauptmann nicht wegen seiner Liebe, er lobt
und erhört ihn wegen seines Glaubens (Lk 7,1.9).
Auch Kornelius, der andere römische Hauptmann,
ist ein Mann, der betet und Almosen gibt (Apg.10,2). Der Engel, der ihm
erscheint, fordert ihn nicht auf, weder mehr zu beten, noch freigebiger zu sein.
Er stellt ihm hingegen die Möglichkeit eines
neuen Glaubens in Aussicht, der ihm von Petrus verkündigt wird. Das Heil
erreicht Kornelius und seine Familie durch den Glauben an Jesus Christus, und
nicht wegen seiner Liebe oder gar wegen seiner Gebete. Diese haben ihm die Gnade
gewährt, zum wahren Glauben zu kommen, zu jenem, der zum Heil führt.
Wie wichtig ist der Glaube!
Die Liebe und die Gebete genügen nicht.
Die Freigebigkeit und die Herzensgüte führen
den Menschen nicht zum Heil.
Wenn der wahre Glaube in den Menschen eintritt,
dann finden auch die Liebe und das Gebet ihre Vollendung.
An Jesus, den Gestorbenen und Auferstandenen
glauben - das ist das Werk, zu dessen Erfüllung uns der Gott der Liebe einlädt.
Der Gott der Liebe und des Friedens, genauer,
dem unsere Ähnlichkeit in der Liebe zu Ihm am Herzen liegt, führt uns zu Jesus,
seinem Sohn, und Er nimmt uns in sein Leben auf, wenn wir Jesus aufnehmen.
Ein Geheimnis der Liebe! Ein Geheimnis des
Glaubens!
In Jesus finden Glauben und Liebe die Erfüllung.
Der Glaube vereint uns mit dem vom Vater
geliebten Sohn, die Liebe wird Ausdruck und Frucht dieses Vereintseins.
Der Mensch wird Kind Gottes, wenn er glaubt
und sich als solcher durch die Liebe offenbart. Die hl. Taufe ist nicht unnütz,
denn sie heiligt uns im Glauben an den Herrn Jesus, gezeugt vom Vater und
Spender seines Geistes.
Der Getaufte ist schon Kind Gottes, noch bevor
er die Gelegenheit und die Fähigkeit hat zu lieben.
Wie groß ist der Glaube!
Wie kostbar ist mein Glaube!
Bevor ich all die anderen Dinge und Personen
liebe, liebe ich meinen Glauben. Mein Glaube in meinem Herzen ist die offene Tür
zur ewigen und wahren Liebe, zum einzigen und heiligen Gott.
Mein Glaube ist die Garantie für die
Gegenwart des Sohnes Gottes in mir.
Mein Glaube an den Sohn Gottes ist die Gnade
und das Heil meines Lebens, meines Seins in der Welt und in der menschlichen
Gesellschaft.
Mein Glaube an Jesus ist mehr wert als selbst
mein Leben und mein Sterben.
Von ihm werde ich verwandelt, von ihm
entspringt eine ständige, treue und unentgeltliche Liebe, die jener des Vaters
gleicht.
Durch den Glauben werde ich vor den
Versuchungen gerettet und von den Fangarmen der Welt, die uns die Unabhängigkeit,
die Einsamkeit, die Gewalt, die Trennung, die Magie und den Abfall vom Glauben
vorschlägt und aufzwingt.
Durch den Glauben werde ich zum Himmel
emporgehoben, um die Wunder der Liebe des Vaters zum Sohn und von Jesus zum
Vater zu genießen, und um diese Wunder in der hl. Kirche durch die Ausgießung
des Heiligen Geistes als gegenwärtig zu erkennen.
4.
"Der Kleinste im Himmelreich ist größer
als er"
(Mt 11,11)
Jesus greift die Gelegenheit auf, um von
Johannes dem Täufer, seinem Vorläufer, zu sprechen.
Er ist der Mann, der ihm den Weg vorbereitet
hat, indem er mit Freimütigkeit - und seine Freiheit aufs Spiel setzend - die
Umkehr und die Erwartung seines Kommens predigte. Er ist der Mann, der für ihn
die Entbehrungen der Wüste erlitten hat und dann, wegen seiner Treue, auch die
des Kerkers.
Jesus spricht von ihm und von seiner Größe.
"Unter
allen Menschen hat es keinen größeren gegeben
als
Johannes den Täufer" (Mt 11,11).
Sogar Herodes und ebenso der Hohepriester des
großen Tempels schneiden schlecht ab ihm gegenüber. Keiner würde dem
Vergleich standhalten. Die Aufgabe des Johannes hat niemand anders gehabt, nicht
einmal die großen Propheten.
Nur er hat auf das Lamm Gottes hingewiesen. Für
einen Augenblick ist er - der Täufer - in den Augen der Menschen sogar größer
als Jesus erschienen: er hat ihn im Wasser getauft; er wurde Zeuge der Demut des
Sohnes Gottes!
Wieso sagt Jesus, daß der Kleinste im Reich
größer ist als er? Wer sind die Kleinen im Himmelreich?
Die Kleinen im Reich sind jene, die an Ihn,
Jesus, glauben; jene, die glauben, daß Jesus vom Vater gesandt wurde; jene, die
ihm nachfolgen und ihm dienen. Die Kleinen des Reiches sind jene, die sich mit
dem Sohn verbunden haben, indem sie sich in seinen Tod und in seine Auferstehung
eingetaucht haben.
Der Kleinste im Reich bin ich, der ich auf den
Namen Jesu getauft bin. Als in seinem Namen Getaufter bin ich ein Zweig, vereint
mit dem Weinstock; bin ich Licht der Welt, bin ich Salz der Erde.
Als im Namen Jesu Getaufter bin ich Teil
seines Leibes. Johannes der Täufer konnte nicht sagen, Glied des Leibes Christi zu sein, ich hingegen kann es sagen.
Ich bin Teil seines Leibes, in dem die Fülle
der Gottheit wohnt! Das ist der Grund, warum ich - obwohl klein im Reich -
größer bin als Johannes.
Ich rühme mich nicht meiner Größe, ich rühme mich Jesu, der das
Himmelreich selber ist, das Reich, in dem der Vater das erste und das letzte
Wort sagen kann.
Ich rühme mich Jesu, des Fundaments des Baues, von dem ich ein lebendiger Stein bin.
Er ist groß, er ist der Weinstock, er ist das Haupt.
Mein Glaube an Jesus hat mich verwandelt.
Mein Glaube an Ihn, den ich von der Kirche
vermittelt bekommen habe, hat mich klein im Reich und groß unter den Menschen
gemacht. Vielmehr: indem mich mein Glaube - zusammen mit Jesus - zum Kind
meines Gottes macht, läßt mich in der Welt leben als jemand, der schon außerhalb
derselben ist, schon darüber.
Mein Glaube an Jesus läßt mich in der Welt
leben als sein Licht, als sein Sauerteig,
als ein Diener seiner Verwandlung.
Wer in der Welt ohne Weg ist, kann ihn finden,
weil ich in ihr als Licht bin; wer in
der Welt ohne Hoffnung ist, kann wieder aufstehen, weil es mich gibt als Kind
Gottes; wer in der Welt ohne Nahrung ist, kann gesättigt werden, weil ich
da bin als Brot und Wasserquelle. Mein
Glaube an Jesus, der mich zum Glied seines Leibes und zum Stein seines Baues
macht, macht mich groß, zum wahren Diener der Lebensbedürfnisse der Menschen.
Durch mich rettet sie Gott. Er, nicht ich,
rettet sie! Und Er rettet sie durch die alleinigen Verdienste Jesu, mit dem ich
vereint bin.
Wie liebe ich meinen Glauben!
Er ist der wahrste Reichtum, denn indem er
mich mit dem Leib Christi, der Kirche, verbunden hält, macht er mich nützlich
für die Welt und für die Liebe Gottes zur Welt.
Ich liebe den Glauben, der mich größer als
die Großen der Erde macht.
5.
"Wenn sie auf Mose und die Propheten
nicht hören,
werden sie sich auch nicht überzeugen lassen,
wenn
einer von den Toten aufersteht."
(Lk 16,31)
Jesus redet gerade von den verschiedenen
Situationen der Menschen. Es gibt den
Reichen, und es gibt den Armen. Bis hier nichts Besonderes. Alle haben ein Recht
zu leben.
Was das Herz Jesu bewegt, ist die Tatsache, daß
es zwischen den beiden keine Verbindung gibt.
Daran ist nicht der Arme schuld. Er geht oft -
wenn nicht täglich - zur Tür des Reichen; er versucht so, eine - wenn auch
armselige - Art der Verbindung herzustellen; jene Art des Bettlers, der um das
Lebensminimum bettelt.
Nur die Hunde des Reichen geben Antwort auf
diese Kontaktsuche.
Der
Reiche sieht nicht. Er ist - bis zum Tod - mit dem Problem beschäftigt, zu
verwalten und zu konsumieren, was er besitzt. Er sieht niemanden in seinem Leben,
erst nach seinem Tod.
Erst da merkt er, daß es die anderen gibt.
Wenn er in den Qualen ist, öffnen sich seine Augen, um den Armen zu sehen und
um sich seiner eigenen Brüder zu erinnern, die - wie er - mit dem Vergnügen
beschäftigt sind.
Er möchte ihnen eine besondere Botschaft
senden. Er weiß, daß sie sich von nichts rühren lassen. Für sie ist ein
unerhörter Schlag notwendig, die Auferstehung eines Toten, der bezeugt, daß es
ein Jenseits gibt und was uns dort erwartet.
Und nun die Antwort, die Jesus in den Mund von
Abraham legt:
"Wenn
sie auf Mose und die Propheten nicht hören,
werden
sie sich auch nicht überzeugen lassen,
wenn
einer von den Toten aufersteht."
Wir haben keine Mühe, diesen Schluß zu
bejahen.
Wir sehen viele, die erzählen, Stimmen aus
dem Jenseits zu hören, von dort Botschaften zu empfangen, die Schönheiten von
drüben zu sehen oder gesehen zu haben, aber sie sind dennoch nicht "überzeugt".
Dieses Wissen, daß es ein Jenseits gibt und
daß es von denen bewohnt ist, die im Diesseits waren, genügt nicht, das Leben
zu ändern, die egoistische Ausrichtung zu ändern, um die Augen zu öffnen, um
den Armen zu sehen, der Gemeinschaft sucht.
Weder das verblüffende Werk der Zauberer und
Wahrsager genügt, noch das aufregendste Wunder ist imstande, im Leben der
Menschen eine Umkehr zu bewirken.
Nur der Glaube bewirkt dieses Wunder!
Nur jener demütige Glaube, der auf die
Freunde Gottes hört. Der Glaube, der ernst nimmt, was Gott schon gesagt hat,
was er schon kundgetan hat, was er geoffenbart hat.
Nur dieser Glaube kann den Menschen retten von
den Neigungen zum Egoismus, von den Versuchungen, die ins ewige Verderben führen.
Und dies ist mein Glaube. Dies ist unser
Glaube.
Dies ist der Glaube, den die Kirche vermittelt,
indem sie mir jede Woche, jeden Tag die Heilige Schrift hören läßt.
Es ist ein demütiger Glaube, weil die Schrift
uns durch Menschen geschenkt worden ist; sie widerspiegelt die Kultur der
Menschen und ihre Grenzen.
Es ist ein stiller Glaube, denn oft versteht
er nicht und will nicht verstehen, aber er fährt fort zu hören und darauf zu
warten, daß derjenige, der spricht, auch den Geist schenkt, den Atem, der die
Wahrheit in die Herzen eindringen läßt, auch über unseren Verstand hinaus.
Es ist ein Glaube, der von einem Mysterium
umgeben wird; der schon im voraus die Freude erlebt, die er für die Zukunft
erwartet.
Es ist ein tatkräftiger Glaube, der mir
Gemeinschaft erleben läßt mit denen, die geglaubt haben, mit jenen, die
glauben, und mit jenen, die von der Liebe des Vaters leben, mit den Armen.
Das demütige und gehorsame Hören auf die
Schrift, "auf Mose und die Propheten",
läßt mich neben mir die Gegenwart des Auferstandenen entdecken, Desjenigen,
der wirklich von oben gekommen ist, um uns mit sich in die Höhe zu ziehen, ins
Herz des Vaters.
Das Hören auf die Schrift ist das Licht, das
die Augen öffnet, um den einzigen von den Toten Auferstandenen zu sehen.
Wir sehen ihn jeden Tag beim "Brotbrechen",
sei es beim Brechen des Brotes in der sonntäglichen Meßfeier, sei es in der täglichen
Solidarität mit den Mitmenschen.
Ich bin stolz auf den Glauben, der mich auf
die Schrift hören läßt, anstatt mich auf die Suche nach dem Sensationellen
und Außerordentlichen zu führen.
Ich bin froh und dankbar für diesen demütigen
und stillen Glauben, der jene Gemeinschaft bewirkt, die mir das Fest des ewigen
Gastmahles genießen läßt.
Geliebter Glaube, wahrer Glaube in der Liebe
des Vaters!